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Grünlese – Weniger ist mehr!

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Jetzt schon zur „Ernte“ die Rebschere ansetzen?

In manchen Weinbergen sieht man jetzt schon fleißige Winzer die Trauben „ernten“. Doch was hat es damit auf sich, in einer Zeit, wo die Trauben noch grün sind? Wir haben mit dem FREUDKOPF den Weinbautechniker Florian Wachter von WEINFREQUENZ getroffen. Der Jungwinzer hat sich der solidarischen Weinwirtschaft angenommen. Zusammen mit seinem Helfer-Team geht es jetzt schon darum, die Weinlese im September zu optimieren. „Weniger ist mehr!“ gilt auch im Weinbau, erklärt uns der Jungwinzer. Zur Schädlingsbekämpfung und im Sinne einer Ertragsregulierung und damit Qualitätsverbesserung geht es bereits Ende Juli / Anfang August zum vorernten, wenn man so will …
Warum gerade beim Riesling die Grünlese so wichtig ist, erfahrt ihr im folgenden Artikel.

Mit dem FREUDKOPF geht es heute in die Weinberge vom Cannstatter Zuckerle, direkt am Max-Eyth-Steig in Stuttgart-Münster, wo Winzer Florian Wachter gemeinsam mit seinen Helfern die Grünlese an seinen Riesling-Trauben durchführt.

Warum die Grünlese gerade an den Riesling-Trauben?

„Das schneiden wir alles weg?“, fragt eine Helferin der solidarischen Weinwirtschaft erschrocken. „Ja, das ist ein wichtiger Arbeitsschritt“ erklärt Winzer Florian Wachter und schon fallen wieder halbierte unreife Trauben zu Boden. „Ganz besonders die Rebsorte Riesling hat die Neigung, in der Traubenmitte zu viele Beeren am Stilgerüst zu bilden. Diese drücken sich beim Wachstum gegenseitig ab und platzen auf. Während der Reife im September ist das fatal, den damit ist Pilzkrankheiten Tür und Tor geöffnet.“, erklärt der Winzer weiter.

Der Weinberg im Cannstatter Zuckerle, am Max-Eyth-Steig, Stuttgart-Münster.

Im Weinberg der solidarischen Landwirtschaft von WEINFREQUENZ sind mit dem Winzer gemeinsam gerade fünf Helfer dabei, die Riesling-Trauben zu halbieren. „Das tut mir in der Seele weh, soviel abzuschneiden“, ruft es aus der nächsten Reihe im Weinberg. Winzer Florian bleibt jedoch hart. „Lieber jetzt einen Teil der Ernte abschneiden, als später festzustellen, dass die Traubenfäule alles angreift und wir nicht die gewünschte Qualität erzielen können. Durch die Halbierung kann sich die Traube noch etwas strecken. Die Beeren sind dadurch lockerer und die Gefahr ist gebannt. Bis zur Lese werden die Trauben einen Teil des Verlustes wieder kompensieren. Der Verlust hält sich also in Grenzen“, beruhigt er die Helfer, bei der doch etwas ungewohnten Arbeit.

Die Grünlese findet in der Regel von Juli bis in den August statt. Je nachdem welche Weinqualität später im Weinglas gewünscht ist, gilt diesem Arbeitsschritt besondere Aufmerksamkeit und kann alle Rebsorten betreffen. Bei der Grünlese werden Traubenteile, die halbe Traube oder sogar ganze Trauben vom Rebstock entfernt. Durch den geringeren Behang verteilt sich die Kraft des Rebstocks besser auf die verbliebenen Trauben. Die Konzentration von Aroma, Zucker und der Farbe in den Beeren steigt – damit auch das Potential im späteren Wein.

Grünlese am Riesling.

Die Riesling-Trauben mit Botrytis Befall.

Weniger ist mehr!

„Müsst ihr das bei jeder Rebsorte im Weingut machen?“ „Müssen nicht.“ Florian Wachter erklärt geduldig weiter: „Je nach Rebsorte werden bei der Grünlese unterschiedliche Ziele verfolgt. Beim Riesling geht es darum die Grauschimmelfäule (Botrytis) zu verhindern. Bei den Rebsorten Weißburgunder, Spätburgunder und Grauburgunder geht es um die Erzielung hoher Qualitäten. Dabei dürfen die Weinstöcke maximal zwischen acht und zwölf Trauben tragen. Bei den Burgundern ist es also keine bewusste Gesundheitsentscheidung für die Trauben, sondern richtet sich nach der Qualitätsfrage. Bei den Burgundersorten könnte man diesen Arbeitsschritt auch weg lassen. Dann wäre der zu erwartende Wein allerdings nur im Basisbereich zu Hause.“ Der Winzer macht eine kurze Pause und lässt seinen Blick über den Neckar schweifen. „Während meiner Ausbildung in Würzburg hatte ich viel mit Silvaner zu tun. Silvaner hat sehr gerne eine dritte Traube pro Trieb. Diese ist jedoch immer wieder sehr rückständig in ihrer Entwicklung. Damit der spätere Wein nicht zu sauer wird, schneidet man den Nachzügler einfach ab. Dieses Phänomen kann man auch bei anderen Rebsorten beobachten, aber beim Silvaner ist es besonders ausgeprägt.“

Blick auf den Cannstatter Zuckerle am Max-Eyth-Steig, Stuttgart-Münster.

Auch der hier in Württemberg weit verbreitete Trollinger hat seine Tücken. Jedes Jahr kämpft die Rebsorte um ihre Farbgebung. Um die Trauben dazu anzuregen, rote Farbe in die Beerenschale einzulagern, müssen bei Rebstöcken mit besonders vielen Trauben einige Exemplare entfernt werden. Nimmt man diese Ertragsregulierung nicht vor, wird der Trollinger gar nicht, oder zu spät rot. Der Trollinger ist meistens die letzte Rebsorte, bei der man die Grünlese vornimmt. Erst Mitte bis Ende August werden hier Trauben entfernt. Dabei ist in diesem Stadium schon nicht mehr ganz eindeutig, ob es sich hierbei noch um die Grünlese handelt. Die meisten Rebsorten haben zu dieser Zeit schon weiche, farbige Beeren entwickelt.

„Eigentlich ist es ein schöner Arbeitsschritt in Vorbereitung auf die Lese, der vor allem in meiner Ausbildungszeit sehr viel Spaß gemacht hat.“ Florian Wachter lacht, dreht sich um und wirft seine gerade abgeschnittene Traubenhälfte im hohen Bogen in die nächste Reihe.

 


Weitere Details zu WEINFREQUENZ – Wein mit Sinn:

WEINFREQUENZ®
Florian Wachter
Kremmlerstraße 57
70597 Stuttgart
www.weifrequenz.com

 


 

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Projektleitung: Nadine Müller, Medienrad
Fotografie: Florian Wachter, WEINFREQUENZ
Text: Nadine Müller, WN erleben & Florian Wachter, WEINFREQUENZ
Standort: Cannstatter Zuckerle, Max-Eyth-Steig, Stuttgart-Münster, Baden-Württemberg

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